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Professional Coaching for Future-Focused Moderators and Impact Communicators

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Du arbeitest mit einem Fokus auf Kinderrechte, aber wenn wir mal rauszoomen, was du machst, arbeitest du eigentlich zum Thema Machtherarchien und für gute Lebensbedingungen und Arbeitsbedingungen für Menschen. Und im Endeffekt ist es durchaus vergleichbar, die Machthierarchien, die wir vielleicht in Unternehmen finden, als auch die, die wir in unserer Gesellschaft finden, wenn ich das richtig höre.

Also sehen wir es doch mal so. Ohne Frauen, ohne Familien, die bereit sind, Kinder zu bekommen, brauchen wir über eine Volkswirtschaft nicht nachzudenken. Wir brauchen Ökonomie überhaupt nicht weiter zu spinnen. Das heißt, der Ausgangspunkt von allem womit wir leben und dem System und der Struktur setzt voraus, dass wir eine Gesellschaft gestalten, in der Familien in die Lage versetzt werden, Familie zu leben, Familie zu sein und zu gestalten. Weil das der Ausgangspunkt von allem weiteren ist.

Auch in der Wirtschaft und in anderen Sektoren wird immer mehr verstanden, dass Familienfreundlichkeit, Diversität etc. relevant sind. Spannend und wichtig wäre aber, dass es dazu auch eine Haltung gibt, also ein zutiefst verinnerlichtes Verständnis dafür, dass das eine Perspektive ist, die letztendlich auch einfach die Notwendige sein sollte.

Du bist selbst Mutter. Das spielt vermutlich auch irgendwo eine Rolle in deiner Arbeit. Du hast selbst Kinder. Hast sogar gerade erzählt, du hast im Studium, im Oktober deine Tochter bekommen und warst dann zwei Wochen nicht in der Uni. Das spricht ja auch schon Bände zum Thema Mutterschutz und Co. Welchen Einfluss hat denn dein persönliches Leben, deine persönlichen Erfahrungen auf deine Arbeit? 

Ich war Studentin mit Kindern und bin später dann Leiterin des Fachdienstes für frühe Bildung und Familien in einer Kommune geworden und war damit dann zuständig für 12, dann später 14 Kindertagesstätten und damit über 140 Fachkräfte, davon über 90 Prozent Frauen, von denen knapp 60 Prozent in Teilzeit gearbeitet haben.

Die haben häufig ihren Kita-Leitungen am Ende des Monats den Dienstplan vom Mann hingelegt haben und gesagt: „So kannst du mich nächsten vier Wochen einplanen“. Frauen, die mit allen Facetten der Menschlichkeit berufstätig geworden sind, die am Vormittag und am Nachmittag Pflegearbeit, Kehrarbeit geleistet haben – entweder die eigenen Kinder oder die Schwiegereltern oder ich weiß nicht wen noch. Und natürlich hat mich das ein Stück weit politisiert und stark beeinflusst. Vor allem auch mit der Perspektive aus dem Studium heraus zu gucken, was ist denn eigentlich soziale Ungleichheit und wie gehen wir an die Thematik heran.

Kinderrechte sind eigentlich wie die Straßenverkehrsordnung

Und insofern war mein Ziel als Fachdienstleitung auch immer wieder, in der Kommunalpolitik für bessere Arbeitsbedingungen in der Kindertagesstätte zu kämpfen. Also mit den Fachkräften, um Qualität zu ringen: Was ist denn eigentlich gute Kita-Qualität?

Und gleichzeitig mich vor die Kommunalpolitik, die einfach ganz quantitativ häufig älter, weiß und männlich ist, darüber zu sprechen, was es braucht, um in der Kita gut arbeiten zu können und die komplexen pädagogischen Vorgänge in einfache Begriffe zu bringen, sodass man das gut abkaufen kann. Und das war der Zeitpunkt, in dem ich auch gesagt habe oder festgestellt habe: Hey, es gibt doch die Kinderrechte! Die sind auf der Ebene des Bundesgesetzes. Das ist ein völkerrechtlicher Vertrag, den wir ratifiziert haben. Warum ist es denn so schwierig, guten Rahmenbedingungen für Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen zu kommen? Das gilt doch. Das ist so verbindlich wie die Straßenverkehrsordnung.

Auch die Situation, selbst Mutter zu sein hat da reingespielt. Ich war im Studium lange alleinerziehend und definitiv von Armut betroffen. Ich weiß, wie das ist, Leistungen in Anspruch zu nehmen und Anträge zu stellen und so weiter.

Und letztendlich bin ich aber Schwester von zwei Brüdern, die auch ihre Päckchen zu tragen haben, die ich sehr wohl wahrnehme. Dadurch bin ich zu dieser Kinderperspektive gekommen. Und Kinder haben einen Anspruch auf Eltern, auf eine Familie, auf einen Ort der Zugehörigkeit.

Genau das betont die Kinderrechtskonvention an vielen Stellen auch immer wieder, um eben ein gelingendes Aufwachsen zu erleben. Und dazu gehören nicht nur Mütter, nicht nur Frauen, sondern eben auch die Väter. Und ich glaube, da steckt auch dieses Potenzial für unterschiedlichste Identitäten, um sich dahinter ein Stück weit auch zu verorten.

Menschen ansprechen und Practice what you preach

Das heißt, du hast einen sehr inklusiven Ansatz bei all dem. Du denkst, die ganze Familie, die ganze Gesellschaft mit. Du sprichst mit Unternehmen, du sprichst mit vielen Menschen im sozialen Sektor, du sprichst mit Politiker:innen. Was würdest du sagen, schaffst du es, Dinge klar zu kommunizieren und gleichzeitig die Komplexität dieser Themen zu bewahren?

 Als Mutter, die auch Sorgearbeit leistet, die ein Leben hat, wie ganz viele andere Familien in Deutschland, komme ich selbst immer wieder in diese Situation, in der ich feststelle: Okay, das ist jetzt die Realität, das ist der Alltag. Und aufgrund meiner Perspektiven und meinen Zugängen kann ich da auch immer schnell die Beziehungen wiederherstellen. Ich kann sagen: Okay, ich kontextualisiere – das ist jetzt diese und jene Situation, das hat hier und hier damit zu tun.

Und am Ende des Tages ist es so, dass ich mit meinem Thema überzeugen möchte, und zwar unterschiedliche Personen, unterschiedliche Adressat:innen. Dann muss ich mich fragen: Was sind die Werte, Einstellungen und Gedanken der Personengruppe, der ich da unter Umständen begegne und wie kann ich die erreichen? Es hat natürlich auch einen besonderen Charme, wenn ich das mit der persönlichen Geschichte hinterlegen kann. Ich muss aber sagen, dass ich das durchaus auch gezielt einsetze und für mich zumindest sagen kann: Ja, Menschen haben das Gefühl, dass ich sehr nahbar bin, aber ganz viele Sachen kommuniziere ich auch explizit nicht.

 Da treffe ich immer wieder eine Entscheidung: Wo werde ich damit sichtbar und wo eben nicht? Aber ein roter Faden, den ich dabei schon habe, ist die Einheit von Inhalt und Form. Man könnte auch sagen: „Practice what you preach“. Mir ist das ein großes Anliegen zu vermitteln, dass ich nicht nur reden und abstrakt auf der Metaebene darüber denken kann, sondern dass ich auch Street Credibility habe: als Mutter, aber auch als Person, die sich sehr regelmäßig außerhalb der Bubble bewegt, die mit allen möglichen Menschen ins Gespräch kommt und ihr Wissen aus allen möglichen Kontexten und Situationen nicht nur Wissenschaft und Forschung bezieht.

Netzwerke, Blick aufs Positive und Resonanz

Ja, ich finde, das merkt man sehr in deiner Kommunikation und es ist auch spannend zu hören, wie du diese Auswahl triffst. Miriam, du hast es geschafft, deinen jungen Jahren schon sehr viel Impact zu erzeugen. Du hast einen beeindruckenden Lebenslauf. Was würdest du denn anderen Menschen empfehlen, die sagen, sie haben den Wunsch, für mehr gesellschaftliche Wirkung zu sorgen? Was sind drei Schritte, die du anderen Menschen mitgeben würdest, die sagen wollen: Ich möchte die Gesellschaft aktiv mitgestalten? 

Also ich glaube, was wichtig ist, ist Beteiligung. In der Frage „Wie kann ich Gesellschaft aktiv mitgestalten?“ stecken unterschiedliche Facetten drin. Die eine ist einmal ganz klassische Netzwerkarbeit, sich mit den Leuten zusammenzubringen, die das eigene Anliegen unterstützen und verstärken. Aber auch Beteiligung im Sinne von auf Personen zugehen, die man gerne beteiligen möchte, weil sie für das Thema relevant sind, weil man deren Thema vertritt unter Umständen. 

Ein anderer wichtiger Aspekt, den ich wahrnehme, ist eine konstruktive, grundsätzliche Haltung. Wenn man die Lage der Welt betrachtet, kann man immer sehr vieles finden, was einem schwer auf dem Herzen liegt. Aber ich glaube, man kann, wenn man genau schaut, immer sehr viele Dinge sehen, die sich entwickeln, die stärken, die empowern und vernetzen. Und ich glaube, dass es sinnvoll ist, eben diese Punkte zu betonen und stark zu machen, im Gegensatz zu Politik mit wütenden Reels. Also eher zu vermitteln: Es gibt Ideen und es gibt Lösungsvorschläge und es macht Sinn, Dinge sachlich und empathisch zu betrachten und nicht nur Politik mit Emotionalität und vor allem ja auch wütender Emotionalität zu machen.

Und was ich letztlich auch noch total wichtig und relevant finde, ist der Aspekt von Resonanz. Also für mich geht es dabei immer auch darum, außerhalb der Bubble zu hören, wo andere Menschen stehen mit ihren Themen. Ich bin sehr regelmäßig auch auf irgendwelchen Bürgerfesten mit dem Kinderrechte-Thema unterwegs. Da habe ich oft erstmal einen Kulturschock, aber später merke ich dann, wie wichtig diese Gespräche für mich sind, weil ich verstehe, was die Sorgen und Nöte sind. Und dann kann ich auch Wörter dafür entwickeln und eine Sprache entwickeln, um die Person zu erreichen, um diesen Personen wiederum ein Angebot zu machen.

Das heißt Netzwerke, Blick aufs Positive und raus aus der Bubble. Aber der Blick aufs Positive, das geht auch nicht immer, das geht nicht jeden Tag. Ich glaube, das kennen wir alle. Manchmal stehen wir morgens auf und die schlechten Nachrichten prasseln so auf uns hinab. Was würdest du sagen, was ist der Song, den du hörst, wenn du das Gefühl hast, ich brauche jetzt irgendwie einen Push, ich brauche ein bisschen Optimismus, um heute gut in den Tag zu starten?  

Ich habe vor ein paar Wochen mal im Kontext „Schutz vor sexualisierter Gewalt in digitalen Räumen“ mehrere Workshops mit jungen Menschen gehalten. Hab super viel erfahren, also zum Beispiel, dass ich eigentlich gar nichts weiß darüber, was junge Menschen in digitalen Räumen machen. Und dass wir dringend mit jungen Menschen darüber sprechen müssen, um das zu verstehen und auch irgendwie ableiten zu können, was eigentlich unsere Handlungsspielräume und Handlungsnotwendigkeiten als Erwachsene sind. In dem Zusammenhang habe ich mich mit meinem Sohn unterhalten, weil ich von ihm wissen wollte, wie gehst du eigentlich mit Druck in sozialen Räumen um? Und dann hat er gesagt, für ihn war ein Lied von einem seiner Lieblingssänger ausschlaggebend:  J. Cole mit Love Yourz. Und in dem Lied geht es sinngemäß darum, zum Ausdruck zu bringen: „No life is better than yours“. Und zu sagen, das ist das Leben, das du hast, das du gestalten kannst. Und es gibt keines, das besser ist, denn dies ist deines.

Und ich hatte vorher das Lied „Life is good“ von Mos Def, das habe ich auch gehört, als ich meine Diplomarbeit abgegeben habe. Aber das Lied hat es jetzt durchaus abgelöst, weil es ein sehr warmes, sehr konstruktives, sehr herzliches und ein sehr gestaltendes Lied ist und mich auch aus den beiden Gründen sehr berührt hat.

Wie passend, dass du jetzt quasi die letzte Stimme deinem Sohn gegeben hast, so passend zum Thema. Tausend Dank, Miriam, für deine Einblicke.